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Seminarangebot

Joachim Wich / Ludwig Janus

Psychoanalyse und Literatur III: Die protopsychoanalytische Thematik der romantischen Novellen

 

In der Literatur der Aufklärung und Klassik werden die Erfahrungen des Abnormen, des Irrationalen, des Unheimlichen und des Psychopathologischen aus dem Lichte der dichterischen Gestaltung verdrängt. In den Novellen der Romantik drängen sie aus ihrem unbewussten Schattendasein fast gewaltsam hervor und ergreifen auf magisch-suggestive Weise Besitz vom Bewusstsein der Dichter und ihrer Figuren.

In den fiktiven Schicksalen der romantischen Helden spiegeln sich die Psychobiografien ihrer Autoren und werden in traumartigen Szenen, Gefühlsausbrüchen und Begebenheiten vergegenwärtigt, deren hintergründige rätselhafte Inhalte erst 100 Jahre später bei Freud und Jung zum Gegenstand der bewussten wissenschaftlichen Diskussion werden. Man hat deshalb zu Recht von der protopsychoanalytischen Dimension der romantischen Novelle gesprochen.

Es sind vor allem Adoleszenzkrisen und deren Ursachen und Folgen, die in den romantischen Novellen in traumhafter Symbolik vergegenwärtigt werden. Dabei tritt besonders das starke Bedürfnis hervor, das Patriarchat zu Gunsten des Matriarchats zu verleugnen und in früheste symbiotische Mutterbeziehungen zu regredieren und Liebeswünsche zu realisieren, die noch nicht durch die "Dressur" der gesellschaftlichen Vernunft tabuisiert worden sind. Die gleichzeitig immer versuchte ironische Distanzierung von den eigenen Wünschen, deren Realisierungsversuche fast immer in tragische Katastrophen führen, lassen die äußerst ambivalente Haltung der romantischen Novellendichter erkennen.

Der zunächst traumhafte, rätselhafte Charakter der novellistischen Begebenheiten kann überzeugend mithilfe der Kriterien der Traumarbeit von Freud und Jung entschlüsselt werden, wodurch wichtige Positionen der tiefenpsychologischen Traumdeutung eindrucksvoll eingeübt und bestätigt werden können.

 

Termine: Montag 2.5., 9.5., 16.5., 23.5., 30.5.2011

Zeit: jeweils 20.30-22.00 Uhr

Teilnehmer: Kandidaten und Mitglieder des HIT, IPP, HIP und Interessierte

 

Literatur:

Ludwig Tieck: Der blonde Eckbert, Der Runenberg.

E. T. A. Hoffmann: Geschichte vom verlornen Spiegelbild, Der Sandmann, Rat Krespel.

Joseph von Eichendorff: Das Marmorbild.